Können Frauen Kunst?

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Dr. Sabine Wilp, Leiterin der Handwerksform Hannover, im Gespräch mit G². Foto: Fender

Gehen wir ins Museum, sehen wir faszinierende Gemälde, spektakuläre Skulpturen und Exponate – von Männern. Claude Monet, Pablo Picasso oder Franz Marc schrieben Geschichte. Dabei heißt es doch „die“ Kunst. Stellen Frauen lieber vor der Leinwand Modell statt zum Pinsel zu greifen? G² spricht mit Sabine Wilp, Leiterin der Handwerksform Hannover, über Frauen, Kunst und Holzkohle.

Frau Wilp, kommt es mir nur so vor, oder lautet die Gleichung Kunst gleich Mann?

Ja, in der freien Kunstszene gibt es gefühlt weniger Frauen, das stimmt. Aber wenn wir alle ein wenig nachdenken, kommen wir hier in Hannover zum Beispiel schnell auf Nikki de Saint Phalle. In der angewandten Kunst sieht das aber ganz anders aus.

Das heißt?

In der Handwerksform Hannover ist das Gender-Thema auf den Kopf gestellt, mehr Frauen als Männer präsentieren hier ihre Arbeiten. In der Ausstellung „Bestrickend“, die Anfang 2014 eröffnet, ist nur ein Mann unter den Damen.

Wie kommt das?

Wir stellen Exponate aus, die den Alltag verschönern, insbesondere Schmuck, Keramik und Textil. Ein Frauenthema. Dennoch ist es immer eine Frage des Materials. Mit Metall und Holz arbeiten tendenziell mehr Männer. Beim Werkstoff Stein ist das Geschlechterverhältnis dafür ausgeglichen.

Also können Frauen Kunst.

Interessanter Weise können sie es. (lacht) Nein, ernsthaft, die Frage stellt sich gar nicht. Beim Niedersächsischen Staatspreis gibt es viele Frauen unter den Preisträgerinnen. 2013 war es Lucia Schwalenberg. Wenn wir auf 50 Jahre Handwerksform Hannover zurückblicken, haben viele Künstlerinnen bei uns ausgestellt. Derzeit zeigen wir in „GEDOK FormArt 2013“ die drei Preisträgerinnen des „Klaus Oschmann Preises“, und Arbeiten von weiteren 28 Frauen. Doch jetzt kommt das große Aber.

Ich bin gespannt …

Es stellt sich die Frage: Ich bin Künstlerin, aber kann ich auch davon leben?

Wenn Sie so kommen, wahrscheinlich nicht. Was verdient eine Künstlerin im Schnitt?

Es legt mir natürlich niemand seine Steuererklärung vor. Aber gefühlt sind es nur 15.000 bis 25.000 Euro im Jahr. Viele Künstler und insbesondere Künstlerinnen tun sich schwer sich zu vermarkten. Sie wollen nicht „ihre Seele verkaufen“.

Da ist es gut, wenn es eine Finanzspritze gibt. Die Münchener Unternehmerin Elke Oschmann unterstützt speziell Frauen mit dem nach ihrem Mann benannten „Klaus Oschmann Preis“. Wer hat dieses Jahr gewonnen?

Es wurden drei jeweils mit 2.000 Euro dotierte Preise verliehen. Links sehen wir zum einen Daniela Bauers „Orbit“. Sie hat die Jury mit ihren extravaganten Couture-Hüten beeindruckt. Alles handgenähte Unikate, die Naturphänomene visualisieren. Da braucht man Mut zum Hut.

Wow, die Modelle sehen wir bestimmt bald auf der Rennbahn auf der Neuen Bult.

Ja, bestimmt. (lacht) Das Material wird oft bis an die Grenzen ausgereizt. Susanne Elstner (Anm. d. Red: Foto oben rechts) stellt Schmuck her. Aber nicht aus Gold oder Silber, wie man jetzt annehemen könnte. Einmal im Jahr lädt ein Köhler ihre Garage voll mit Holzkohle, aus der sie Broschen fertigt. Faszinierend ist, dass ihre Broschen gar nicht nach Holzkohle aussehen und auch nicht schwarz abfärben – versprochen. Und die dritte Preisträgerin Renate Hahn hat in ihren keramischen Installationen die Grenze zwischen freier und angewandter Kunst verschwimmen lassen. Heißt: Es ist keine Tasse mehr, es ist ein Kunstobjekt.

Stimmt, sieht aus wie ein eingerolltes Stück Papier im und auf einem Becher. Vielleicht ein Liebesbrief?

Wer weiß. Wir können ja mal probieren es auszurollen …

Und die roten Punkte an den Objekten heißt, dass etwas verkauft wurde?

Ja, das kommt vor. Es sei denn, ein Künstler kann sich so gar nicht von seinen Werken trennen. Beispielsweise kommt ein Mann zu uns, der für seine Frau immer zum Hochzeitstag Schmuck kauft. Oder eine ältere Dame, die ihren Wackeldackel lieber aus Holz haben will statt „Made in China“. Richtig schöne Geschenke gibt’s bei unserer Weihnachtsschau ab Ende November.

Guter Tipp! Vielen Dank für das Gespräch.

„GEDOK FormArt 2013: Klaus Oschmann Preis“ ist noch bis zum 19. Oktober 2013 in der Handwerksform Hannover, Berliner Allee 17, zu sehen. Die Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 11-18 Uhr, Samstag 11-14 Uhr. Eintritt ist frei.

Das offizielle Video der Handwerksform Hannover gibt einen ersten Einblick in die Schau:

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